China
Die nächsten drei Wochen verbringen wir im Riesenreich China. Um die grossen Distanzen im Land zu bewältigen, reisen wir mit dem Schnellzug und verzichten aufs Flugzeug. Start und Ziel ist in Hong Kong. Wir sind gespannt, was uns erwartet. Schon so viel haben wir von China gehört und trotzdem ist es uns völlig unbekannt…
Inhalt
Erste Zugfahrt nach Peking
2400 Kilometer, einmal quer durch China mit dem Hochgeschwindigkeitszug. In (nur!) neun Stunden geht es von Hong Kong direkt nach Peking. Der Zug ist sehr komfortabel – die Mitreisenden teilweise weniger: Ohne von “grüseligen” Geräuschen zu sprechen sind die Chinesen laut oder sehr laut. Wir fahren mit über 300 Kilometer pro Stunde durch eine Stadt nach der anderen bis wir in der Hauptstadt ankommen Eigentlich haben wir das Gefühl nie die Stadt verlassen zu haben. Die Fahrt geht schnell vorbei – bis hierhin ein Kinderspiel. Wir steigen aus dem Zug und wollen zuerst einmal Bargeld organisieren – neues Land, neues Geld und eben auch neue Probleme: Zuerst finden wir keinen Bankomaten. Anschliessend wollen uns die beiden Bankomaten, die wir finden, kein Geld geben. Ohne Geld kommen wir nicht weiter – kein Taxi, keine Metro, kein Internet.Wir sehen wohl etwas verzweifelt aus und ein in Polizist will uns helfen, versteht uns aber nicht. Wir kommen durch eine Unterführung irgendwie auf die andere Seite des Bahnhofs. Auch hier, kein Bancomat will unsere Karten schlucken. Nun macht sich Aaron auf für ein Marathon durch Peking auf der Suche nach einem funktionierender Bankomaten. Die ersten beiden Banken: kein Glück – Transaction failed. 30 Minuten später und langsam verschwitzt (es ist 33 Grad) bei der nächsten Bank: Es klappt. Nach zwei Stunden können wir endlich ein Taxi nehmen. Was für eine Ankunft in einem neuen Land. Ein Tipp an alle Reisenden mit dem Zug von Hong Kong nach Peking: Organisiert chinesische Yuan in Hong Kong!
Peking
Unsere erste Stadt in China. Das Machtzentrum des Reichs begrüsst uns am Morgen mit Smog und Verkehrslärm. 21 Millionen Einwohner leben hier und wir sind gespannt, was uns das Land so bringt…
Verbotene Stadt
Als erstes machen wir uns auf zur verbotenen Stadt. Immerhin der grösste Palastkomplex der Welt. Sie liegt am Tiananmen Platz. Der Platz, der seine traurige Berühmtheit mit dem Massaker von 1989 erlangt hat. Wir kommen aus der U-Bahn und werden gleich durch einen Pass- und Sicherheitscheck geschoben. Vom Platz sehen wir nicht viel – nur viele Kameras, Militär und eine mehrspurige Strasse. Wir sind eine Halbe Stunde vor Toröffnung – wir dachten, wir kommen vor den einheimischen Tourgruppen an. Weit gefehlt. Ein riesiger, unaufhaltsamer Strom aus kleinen farbigen Fähnchen und tausenden Chinesen bahnt sich seinen Weg zum Eingang. Wie eine Walze wird alles niedergetrampelt, was sich in den Weg stellt. Etwas verdutzt stehen wir dazwischen und versuchen auszuweichen. Bei der Ticketkontrolle werden wir zurück geschickt – wir müssen unser elektronisches Ticket zuerst umtauschen. Plötzlich stehen wir der ganzen Meute entgegen – Hilfe! Nach etwas Drängen und Drücken haben wir ein Ticket und ein Audio-Guide und sind lebendig in der verbotenen Stadt. Es scheint, als würde der riesige Touristenwurm einfach einmal schnurstracks durch den Palast laufen. Wir aber biegen links und rechts vom Hauptweg ab und haben immer wieder einzelne Teile für uns. Wir lassen uns von unserem Audioguide die Geschichte erzählen und nach etwa zwei Stunden sind auch wir am Ausgang angekommen. Wir haben etwas extrem Eindrückliches erwartet – das Eindrücklichste war aber nicht der Palast selber sondern diese unglaubliche Menschenmasse. Glücklicherweise ist die Anzahl Besucher pro Tag eingeschränkt. Auf 80’000 Besucher (!). Wir wussten, das es viele Besucher haben wir – aber gerade so? Wir sind etwas froh, da wir raus zu sein und besteigen noch den Aussichtshügel im nahegelegenen Park: wir haben eine schöne Aussicht auf die verbotene Stadt und den Wassergraben darum herum. Es ist sehr heiss, trotzdem laufen wir noch zurück zu unserem Hostel. Die Stadt ist extrem weitläufig, die Metrostationen liegen mehrere Kilometer auseinander – und es hat sehr viele Metrostationen!
Hutong
Unser Hostel liegt in einem Hutong – ein Quartier im traditionellen Stil, sozusagen die Altstadt von Peking. Einige Strassen wurden abgerissen und neu aufgebaut, damit Platz für Geschäfte und Restaurants ist (Restaurierung in China). Unser Hostel ist an einer sehr belebten Fussgängerstrasse – am Abend ist kaum ein Durchkommen. Sobald wir aber in eine Seitengasse eintauchen, ist die Stadt ursprünglicher, in Hinterhöfen sitzen ältere Einwohner und spielen Karten oder erledigen ihre Einkäufe.
Sommerpalast
Eine weitere riesige Palastanlage aus der Kaiserzeit. Zum Glück ist der Sommerpalast aber weniger überlaufen und wir können unsere Zeit hier geniessen: Wir schlendern durch ein altes Handelsdorf vor dem Palast, steigen zum tibetischen Tempel auf (und extrem steil wieder nach unten), flanieren durch den langen Holz Korridor und bestaunen ein riesiges Boot aus Marmor.
Kung Fu Show
Peking ist bekannt für seine vielen Shows – Séverine möchte sich unbedingt eine davon ansehen. Wir entscheiden uns für eine Kung Fu Show. Der Mitarbeiter im Hostel meint zwar, die Show sei abgesagt. Wir wurden bereits mehrmals vorgewarnt, wir sollen keinem Chinesen trauen und immer alles selber nachprüfen. Wir buchen zwei Tickets und schauen uns die Show an. Sie ist ziemlich auf Touristen ausgelegt, die Bühnenshow ist aber sehr unterhaltsam und gut gemacht und hey, wir sind auch nur Touristen.
Himmelstempel
Wir machen uns früh am Morgen auf, um den Park des Himmelstempel zu besuchen. Früh morgens treffen sich hier die Bewohner zum Qi Gong, Ballspiel, Stretching und Kartenspiel. Erst später wird der Park von den Touristen eingenommen, die den Himmelstempel besichtigen wollen. Der runde, dreistöckige Tempel ist ein Wahrzeichen der Stadt und wirklich schön anzusehen. Er gefällt Aaron so gut, dass er versehentlich sogar zwei Mal EIntritt dafür bezahlt.
Nach drei Tagen in der Stadt sind wir in China angekommen. Vom ersten Augenblick an, als wir am Bahnhof angekommen sind, merken wir, dass wir in einem Polizei und Überwachungsstaat sind: überall sind Kameras und bewaffnete Uniformierte zu sehen. In der Fussgängerzone steht alle 200 Meter ein Polizist auf einem kleinen Podest. Zudem ist es ein komisches Gefühl, das Internet nicht frei nutzen zu können (China blockiert viele Internetdienste wie Google, Whatsapp oder Facebook). Wir können dank VPN das Internet zwar normal nutzen – als dies einmal nicht funktioniert, sind wir etwas aufgeschmissen – wie sollen wir nur etwas ohne Google finden? Von den Protesten in Hong Kong bekommen die Einwohner hier wohl nichts mit – China steht auf der Rangliste zur Pressefreiheit ganz hinten. Auf der anderen Seite fühlen wir uns wie Reisende aus einer vergangenen Zeit: Wir bezahlen nämlich alles mit Bargeld – die Chinesen nutzen dazu ausschliesslich ihr Smartphone. Dazu ist aber eine chinesische Bankkarte notwendig. Zudem müssen wir uns noch etwas an die vielen Elektroautos und Velos gewöhnen – lautlos düsen die Dinger Vollgas an einem vorbei. Überall stehen Velos zum Ausleihen – eine gute Idee, um das Verkehrschaos in der Stadt lösen zu wollen.
Hostel: Youth Hostel (würden wir nicht empfehlen!)
Food: Suzuki kleines Japanisches Restaurant, Im Hutong dessert durchprobieren.
Die grosse Mauer
Einer der Gründe, weshalb wir einmal in unserem Leben auf China wollten. Die Mauer war ursprünglich bis zu 8’000 Kilometer lang, heute sind nur noch einige Stücke übrig und sie kann an verschiedenen Orten in der Nähe von Peking erkundet werden. Die Auswahl des Stücks war eine eigene Wissenschaft. Nach langer Recherche entschieden wir uns für den Abschnitt von Jinshanling nach Simatai. Beim Gate können wir entweder hoch laufen oder die Seilbahn rauf nehmen. Wir sind für die Mauer da und wollen möglichst viel Zeit auf der Mauer verbringen. Deshalb entscheiden wir uns für die wohl langsamste Seilbahn der Welt. Im Schneckentempo fährt die klapprige Seilbahn hoch. Als würden sie versuchen die Spannung möglichst hoch zu halten. Ganz kribbelig und aufgeregt kommen wir endlich an. Schwer zu fassen, auf der Mauer zu stehen. So viele Fotos haben wir schon gesehen und in echt ist es trotzdem anders. Kein Foto wird diesem Bauwerk gerecht. Über die steilen, grünen Hügel schlängelt sich die Mauer, das Ende verschwindet irgendwo am Horizont. Wir wandern 6 Kilometer zum Jinshanling east gate. Scheint auf Anhieb nicht viel, aber bei 35 Grad und mit diesen Steigungen ist es ziemlich anstrengend. Ja, die Mauer kann ganz schön Steil sein! Was cool an diesem Abschnitt ist, ist dass ein Stück restauriert und ein Stück nicht restauriert ist. Der wildere, unrestaurierte Teil haben wir ganz für uns alleine und gefällt uns am Meisten. Im Allgemeinen sind wir nur sehr wenigen Menschen begegnet. Liegt wohl daran, dass dieser Abschnitt 2,5 Stunden von Peking entfernt ist (es gibt Mauerteile rund 20 Minuten von Peking entfernt). Die An- und Rückfahrt hat sich aber 1000 Fach gelohnt. Was für ein Tag!
Shanghai
Wir fahren mit dem Schnellzug von Peking in rund vier Stunden über die längste Brücke der Welt (164 km) in die grösste Stadt Chinas. Gar eine der grössten Städte der Welt. Es ist eine Stadt der Superlative. Das Industriezentrum der Welt – kein Hafen der Welt verschifft mehr Container. Von hier kommen also all die “Made in China”-Produkte…
Stadtplanungsmuseum
Was ist besser geeignet um uns einen Überblick über die Stadt zu verschaffen als ein riesiges Modell von Shanghai aus Plastik? Wir starten im Stadtplanungsmuseum. Es beherbergt ein riesiges Modell von Shanghai. Die Stadt hatte 1980 noch 5 Millionen Einwohner, jetzt sind es über 24 Millionen – ein unglaubliches Wachstum in so kurzer Zeit. Die Infrastruktur für all diese Menschen entstand praktisch aus dem Nichts. Wir fragen uns, was wohl die älteren Einwohner der Stadt darüber denken? Wir können sie leider nicht fragen – die Sprachbarriere ist zu gross. Es wird sowieso kein Wort Englisch gesprochen und wir müssen uns mit Händen und Füssen verständigen. Meistens klappt das ganz gut und wir haben immer einen Zettel dabei, wo unser Hostel in Chinesischen Zeichen drauf steht. Es bringt nämlich nicht mal etwas, “train Station” oder “airport” zu sagen – es wird wirklich kein Wort Englisch gesprochen. Umgekehrt sprechen die Schweizer ja auch kein Wort Chinesisch. Und so kommen wir uns teilweise doch etwas fremd in dieser Stadt vor…
The Bund & Shanghai Tower
Über die Haupteinkaufsstrasse gelangen wir zum “Bund”. Dies war lange Zeit die Heimat einer englische Enklave. Später haben sich auch Franzosen (“French Concession”) und Amerikaner niedergelassen. Wohl auch aus diesem Grund ist es heute eine der “westlichsten” Städte von China. Es ist schräg, an den alten englischen Gebäuden an der Wasserfront die chinesische Fahne hängen zu sehen. Die Aussicht auf die gegenüberliegende Skyline ist aber einzigartig – sie wird oft als “schönste Skyline der Welt” bezeichnet. Wir wollen über den Fluss und sehen per Zufall das Schild zum “Sightseeing Tunnel”, welcher auf die andere Seite führt. Wir fahren mit einem kleinen, langsamen Wägelchen durch einen beleuchteten Tunnel – naja, so werden wir unser Geld auch los. Aber wir sind immerhin auf der anderen Seite. Mitten im Finanzzentrum der Stadt mit seinen Wolkenkratzern. Wir wollen auf den Shanghai Tower: Das (momentan) höchste Gebäude Chinas und das zweithöchste der Welt. Mit dem schnellsten Aufzug der Welt (18 m/s) werden wir auf 546 Meter in den 118. Stock katapultiert. Die Aussicht ist gut aber von Weitsicht kann keine Rede sein: Der Smog ist einfach zu dicht, nach einigen Kilometer verschwindet die Stadt im Smog. China hat die schlechteste Luft der Welt.
Tianzifang
Das neue Shanghai haben wir jetzt also gesehen – jetzt wollen wir etwas vom “alten” Shanghai sehen und fahren mit der U-Bahn in das ehemalige französische Quartier. Hier soll es ein herziges Quartier namens Tianzifang geben. Es besteht aus kleinen, engen Gässchen, gefüllt mit Cafes und Läden. Der Ort ist Populär und dementsprechend vor Menschen kaum noch passierbar. Wenn die Einen auf diesem Quartier abfahren ist es für uns nur eine riesige Touristenfalle. Wir drehen eine Runde und sind schnell wieder weg. Immerhin gab es ein paar gute Bilder.
The Bund by night
Richtig eindrücklich ist die Skyline in der Nacht. Die beleuchteten und blinkenden Wolkenkratzer und der breite Fluss davor. Wir waren bereits von HongKong fasziniert aber hier ist das Niveau normal höher. Während wir etwas dem Bund entlang schlendern, werden wir stark an Vegas erinnert. Dort scheinen die Gebäude aber aus der Vergangenheit zu stammen, in Shanghai fühlen wir uns eher in der Zukunft…
Huangshan
Tunxi
Nach etwas mehr als einer Woche in Megacitys machen wir uns auf, das ländliche China zu entdecken. Wenn es denn so etwas überhaupt gibt: Praktisch das gesamte Land ist dicht bevölkert und mit grossen Städten übersät. Als Erstes fahren wir in die Provinz Anhui, südwestlich von Shanghai. Genauer in die Stadt Tunxi (165’000 Einwohner). Im Zug fahren werden wir langsam geübt: Es ist aber auch einfach – die Bahnhöfe sind wie Flughäfen organisiert und extrem effizient. Nur an die Art des Anstehens der Chinesen müssen wir uns noch etwas gewöhnen – eine persönliche Abstandszone ist inexistent, es wird gedrängelt und gedrückt. Es ist immer ein riesiges Chaos beim Einsteigen – jeder will so schnell wie möglich in den Zug, und möglichst laut herum schreien, was das Zeug hält. Wir fragen uns warum bloss? Die Sitzplätze sind nummeriert! Angekommen in der Provinz laufen wir von unserem Hostel zur “Old Street” im Stadtzentrum. Eine Strasse, welche aus restaurierten (oder neu gebauten? Das weiss hier niemand so genau) Häusern besteht und wo lokale Produkte an Horden von einheimischen Touristen verkauft werden. Wir sehen auf unserem zweistündigen Spaziergang durch die Stadt nicht einen einzigen westlichen Touristen und spüren verstärkt die Blicke der Chinesen.
Huangshan Berg
Der Huangshan gilt als der schönste Berg von China. Die mächtigen Granit Kuppeln sind mit Pinien-Bäumen gespickt. Wir wollen in den Bergen etwas Wandern gehen und uns in die Kulisse von Avatar hineinversetzen (James Cameron hat sich von Huangshan inspirieren lassen). Um den grossen Massen an einheimischen Touristen auszuweichen, machen wir uns bereits um 5 Uhr früh zum Berg auf. Die Infrastruktur ist voll ausgebaut – es hat Shuttlebusse, Seilbahnen und breite Wege. Für uns ist es ziemlich verwirrend, nicht viel ist auf Englisch angeschrieben, es gibt praktisch keine ausländische Touristen. Glücklicherweise hatte uns das Hostel eine selbst übersetzte Karte mitgegeben und mögliche Tagestouren vorgeschlagen. Schon um 7 Uhr kommen wir mit der Seilbahn an der Ostseite an und können die Aussicht geniessen – die Landschaft mit ihren steilen Granitfelsen ist wirklich einzigartig! Wir sind ziemlich erkältet (Klimaanlagen!) und haben darum letzte Nacht kaum geschlafen. Es fehlt uns an Energie zum Wandern. Wir laufen gemütlich zum “Bright Summit” und zum “Flying over the rock”. Heute ist leider kein Nebelmeer zwischen den Bergen zu sehen. Aber wir sehen etwas anders: mitten im Wald mitten in chinesischen Bergen steht da ein Werbeschild fürs Jungfraujoch. Respekt, Jungfraubahn – gut platziertes Marketing, wo täglich tausende chinesische Wanderer vorbei laufen. Gegen 10 Uhr füllen sich die Wege, ein Durchkommen ist vor lauter Tourgruppen kaum noch möglich. Wir sind froh, hatten wir frühmorgens den einen oder anderen Aussichtspunkt ganz für uns alleine und konnten etwas von der Magie des Berges mitnehmen. Nun laufen wir auf der Westseite des Berges wieder runter und verzichten auf die Gondelbahn. Tausende Stufen sind in den Berg geschlagen und unsere Knie werden etwas zittrig von den 1000 Höhenmetern. So fahren wir am Mittag zurück in die Stadt und ruhen uns aus. Die Waden lassen sich dann noch paar Tagen spüren.
Huizhou Dörfer: Hongcun und Xidi
Die Provinz Anhui ist auch für seine gut erhaltenen historischen Dörfer des Huizhou Volkes bekannt. Weil wir schon immer mal wissen wollten, wie es sich anfühlt in einer chinesischen Reisegruppe unterwegs zu sein, schliessen wir uns einer an. Ausrede: Es ist vor allem aber auch günstiger und einfacher. Séverine darf dann an unserem ersten Halt in Hongcun auch stolz das Fähnchen der Gruppe halten. Da der Guide nur Chinesisch spricht und wir sowieso nichts verstehen, werden wir in die Freiheit entlassen und können das Dorf zwei Stunden auf eigene Faust erkunden. Mit dabei ist noch ein Australischer Tourist. Das Dorf ist schön anzusehen, überall hängen rote Laternen und wir können einige traditionelle Holzhäuser von innen ansehen. Das Dorf wurde in der Form eines Ochsen gebaut – ein halbmondförmiger Teich soll den Magen des Tieres darstellen. So richtig können wir das Tier auf der Karte nicht erkennen aber immerhin scheint das Dorf lebendig zu sein. Es gibt nicht nur Touristen sondern auch Einwohner, die ihrem Leben nachgehen. Anschliessend treffen wir unsere Gruppe wieder und werden in ein Restaurant geleitet. Traditionell Chinesisch Essen bedeutet, dass alle Speisen in der Mitte des Tisches auf einer Art Drehgestell serviert werden. Der Reihe nach kann sich dann jeder mit seinen Stäbchen bedienen. Als wir gerade begonnen haben zu essen, stehen plötzlich alle Anderen wieder auf und laufen aus dem Restaurant. Scheint eine ziemlich kurze Mittagspause zu sein! Noch etwas hungrig fahren wir weiter nach Xidi, dem zweiten Dorf. Das Dorf mit seinen weiss angestrichenen Häusern und vielen Kanälen wirkt ruhiger als der erste Stopp. Teilweise haben wir eine ganze Gasse für uns alleine. Allein sein in China – auch ein Luxus! Nach zwei Stunden fahren wir total nass zurück zu unserem Hostel – es hat den ganzen Tag ziemlich stark geregnet. Zum Glück haben wir uns entschieden heute nicht auf den Berg zu gehen.
Hotel: Koala International Youth Hostel
Fahrt nach Xian
Es ist einfach und günstig in China mit dem Taxi zu fahren. Wir werden auch immer wieder mit dem Taxi geblitzt. Das ist aber normal: es wird nicht nur geblitzt, wenn ein Auto zu schnell fährt sondern einfach so. Zur Kontrolle. Damit die Regierung weiss, wer gerade wohin fährt oder ob auch ja alle angeschnallt sind. Es gibt sowieso extrem viele Kameras im Land. Teilweise gibt es richtige “Kamera-Bäume” – Metallkonstruktionen mit zig Kameras drauf. Manchmal sind die Kameras etwa zwei Meter in der Mitte über dem Trottoir angebracht. In einigen Städten wird auch hochmoderne Gesichtserkennung eingesetzt, um die Bürger zu überwachen und in anderen Städte kann so direkt die U-Bahn bezahlt werden. Zudem wird momentan landesweit ein Sozialkredit System eingeführt, welches den Bürgern ein Punktekonto zuweist. Je nach Verhalten werden Punkte abgezogen oder gutgeschrieben. Big Brother. Von dem bekommen wir aber nicht viel mit, die verwendeten Apps sind ausschliesslich auf Chinesisch und für Chinesen. Wir bezahlen das Taxi weiterhin altmodisch mit Bargeld und sind froh, als wir nach 10 Stunden und 27 Stopps im Zug endlich in Xian ankommen…
Xian
Die Stadt bildet das historische Ende der Seidenstrasse. Von wir aus sind die Händler früher in Richtung Europa aufgebrochen. Heute ist es eine moderne 4 Millionenstadt.
Mit dem Velo auf der Stadtmauer
Der Stadtkern von Xian ist umgeben von der historischen Stadtmauer aus dem 14 Jahrhundert. Sie ist die grösste und besterhaltenste Stadtmauer in ganz China und mit dem Velo befahrbar. Das lassen wir uns nicht nehmen und fahren einmal die 14 Kilometer rundherum. Wir treffen sogar einige Jogger, die trotz der Luftverschmutzung trainieren. In China sterben jedes Jahr zigtausende Menschen, einfach nur, weil sie die Luft der Städte einatmen. Wir fahren immer wieder an einem der restaurierten Wachtürmen vorbei und schauen von oben dem Treiben der Stadt zu. Weit sehen wir nicht – die Stadt verschwindet, wie fast alles in China, im Smog. Trotzdem: Es ist schön, sich mal wieder zu bewegen und die Mauer ist cool anzusehen. Das haben wir jetzt herausgefunden: Chinesen konnten echt gut Mauern bauen…
Big Goose Pagode
Etwas ausserhalb der Stadtmauer besuchen wir die Big Goose Pagode. Eine rechteckige Pagode aus dem 7. Jahrhundert und ein Wahrzeichen der Stadt. Wir schlendern etwas durch den schönen Park um die Pagode. Leider regnet es wieder den ganzen Nachmittag…
Muslimische Quartier
In Xian leben viele Hui-Chinesen – ein muslimisches Volk und eine der Minderheiten in China. Sie ist bis auf die Religion den Han-Chinesen sehr ähnlich (Die Han-Chinesen stellen über 90% der Chinesen). Sie haben keine Verbindung zur anderen muslimischen Minderheit in China: den Uiguren, welche unterdrückt werden und in sogenannte “Umerziehungslager” geschickt werden. In Xian herrscht offenbar Frieden: Wir besuchen das muslimische Quartier mit seinen geschäftigen Gassen. Bekannt ist das Viertel auch für seine Streetfood Stände, wobei sich hier ausschliesslich Touristen ernähren. Wer richtig gut essen will muss abseits der Hauptstrassen suchen. Dazu später mehr. Wir suchen die “Great Mosque” – eine Moschee aus dem 7. Jahrhundert. Am ersten Tag finden wir auch eine Moschee, welche aber nicht die “Great Mosque” ist, wie wir erst später merken. Egal, es ist spannend: Sie sieht überhaupt nicht aus wie Moscheen die wir von muslimischen Ländern her kennen, sondern eher wie ein buddhistischer Tempel. Für die kleinen aber feinen Unterschiede muss Aaron (Séverine hat keinen Zutritt) genauer hinschauen: Ein Halbmond auf dem Dach, ein arabisches Schriftzeichen hier und da, sowie Gebetsteppiche. Am nächsten Tag finden wir dann die richtige “Great Mosque” im Dschungel von Souvenir Ständen doch noch. Diese ist noch etwas grösser und älter. Es würde wohl kein Tourist merken, dass er sich in einer Moschee befindet, wenn es nicht am Eingang stehen würde.
Terrakotta Krieger
Gleich neben Xian liegt eine der grössten und bedeutendsten archäologischen Ausgrabungen von China – wenn nicht von der Welt: das Grab des ersten Chinesischen Kaisers mit seiner Terrakotta-Armee. Um vor all den Tourgruppen dort zu sein, nehmen wir frühmorgens den lokalen Bus (Nr 306). Noch vor Türöffnung kommen wir an und können gleich als einer der ersten die Nachbildung der Armee aus Ton bestaunen. Es ist unglaublich – tausende Krieger aus Ton wurden von mehr als 700’000 Arbeitern vor über 2200 Jahren geschaffen und keine der lebensgrossen Figuren ist gleich – jede wurde individuell angepasst. Heute sind riesige Hallen über die Stätten gebaut und es wird kräftig weiter gebuddelt: Das Haupt Grab wurde bisher nicht geöffnet. Wir machen eine Runde durch die Hallen. Gegen 10 Uhr kommt die Masse: jeden Tag werden die Krieger von bis zu 65’000 Besuchern angesehen. So machen wir uns total fasziniert wieder auf den Rückweg in die Stadt…
Bell Tower
In vielen chinesischen Städten wurden früher die Zeit und dovon einem “Bell Tower” aus vorgelesen. In Xian steht der Bell Tower aus dem 14. Jahrhundert im Zentrum der Stadt und ist am Abend schön beleuchtet: Wir besuchen ihn während dem Sonnenuntergang und schauen etwas dem hektischen Treiben rundherum zu.
Essen in Xian
Roujiamo Sandwich
Xian ist bekannt für sein Essen. Hier sind ganz unterschiedliche Einflüsse aufeinandergetroffen und es sind ganz eigene Gerichte entstanden. Nahost grüsst Fernost. Das muslimische Quartier ist bekannt für seine Strassenküche und wir probieren ein bekannten Snack: Das Roujiamo Sandwich, eine Art Hackfleisch in Fladenbrot (sehr fein).
Hot Pot
Ein weiteres Gericht, dass wir uns nicht entgehen lassen möchten,, ist der chinesischen Hot Pot. Chinesisches Chinoise. Ein Tipp haben wir für China mitbekommen: Das beste Essen gibt es oft in den oberen Stockwerken von grossen Shopping-Malls. Wir testens das aus und essen im Holdiladio Hotpot Restaurant. Das ist ein Hotpot Kettenrestaurant, mit top Fleisch Qualität. Eine Angestellte kann sogar ganz wenig Englisch und führt uns durch den Prozess: Wir bekommen einen Topf mit vier vorher ausgewählten Bouillon auf den Tisch. Dieser wird in den Tisch eingelassen und von der integrierten Kochplatte aufgekocht. Nun können wir unsere bestellten Beilagen wie Fleisch, Shrimps oder Kartoffeln darin kochen. Richtig gut! Dazu gibts eine Schürze, damit wir uns nicht dreckig machen. Für Séverine sogar ein Haarband, dass die Haare nicht im Weg sind. Lustig auch die Nudeln, welche direkt am Tisch in einer Art Showeinlage langgezogen werden.
Nudeln
Ein weiterer Gericht, dass in Xian bei uns hoch im Kurs steht, sind die frisch gemachten Spinatnudeln. Wer denkt China habe nur geschmacklose Glasnudeln zu bieten, liegt falsch. Im Restaurant könne wir zusehen, wie der Nudelmaster sein Werk vollendet, bevor die Nudeln mit beliebigen Beilagen uns frisch auf den Tisch serviert werden. Unser Glück, dass das Bocaimian Spinach Noodles Restaurant vis-à- vis von unserem Hostel steht.
Dumplings
Dumplings ist sicherlich auch ein wichtiger Bestandteil der chinesische Küche. Wir machen uns in den tiefen Strassen des Muslimisches Quartier auf den besten Dumplings der Stadt. Obs wirklich die besten sind können wir nicht beurteilen, aber diese waren auf jeden Falls ausgezeichnet. In einem kleinen vollgestopften Lokal wagen wir es, einzutreten. Viele verwunderliche Blicke richten sich auf uns. Die Karte ist nur auf Chinesisch, glücklicherweise kann der Kassierer wenig Englisch und wir bestellen einfach 2x Dumplings. Restaurant: Maer youzhi Suantang Dumplings
Hotel in Xian: Hantang Inn Hostel
Chengdu
Wir fahren mit dem Schnellzug weiter nach Süden – nach Chengdu. Unterwegs kommen wir an Städten vorbei, von denen wir noch nie gehört haben: Hanzhong (4 Millionen Einwohner), Guangyuan (2.5 Millionen Einwohner) oder Deyang (3.8 Millionen EInwohner). In Chengdu (14 Millionen Einwohner) angekommen, haben wir etwas ein “Reise-Tief” weil einige Dinge gleichzeitig nicht klappen (Züge sind ausgebucht, Wäsche wird nicht sauber, Internet ist wieder mal inexistent, etc.). Auch das gibt es manchmal auf einer längeren Reise. In China kommt uns alles so kompliziert vor – praktisch nichts ist einfach zu organisieren oder zu erledigen. Wir schaffens dann doch noch aus dem Hostel, immerhin um die Ecke zu einem Hot Pot Restaurant. Wir bekommen eine Nummer auf einem Zettelchen zugewiesen und wir dürfen auf kleinen Plastiksitzchen auf dem Trottoir vor dem Restaurant Platz nehmen. Neben uns warten auch etwa 20-30 Chinesen und immer wieder wird eine Nummer aufgerufen. Wir verstehen natürlich keine chinesischen Nummern und fragen uns nach einer Stunde langsam, was wir eigentlich hier machen. Dank Übersetzungsapp werden wir vom Kellner aber beruhigt (Aaron hat langsam Hunger) und nach 1.5 Stunden können wir ins Restaurant. Solch langen Wartezeiten sind übrigens in China bei guten Restaurants üblich. Das Smartphone wird nicht nur für die Übersetzung verwendet, sondern auch für die Bestellungen im Restaurant – oft sind die Menükarten digital zu finden und wir wählen entsprechend unsere Beilagen für den Hotpot aus: Wir sind etwas schlauer als beim letzten Mal und bestellen richtig viel Fleisch. Die Sichuan-Küche ist bekannt für das scharfe Essen. Blöd nur, verträgt Aaron kein scharfes Essen. Aber der Hotpot ist schön zweigeteilt: 1x scharf und 1x Tomaten-Suppe. Lustig auch der Kellner, welche uns eine Sauce mit extrem viel Knoblauch mixt, weil wir offenbar so hilflos dreinschauen. Idee ist nämlich, das Fleisch (oder Gemüse) zuerst im Hotpot zu kochen und anschliessend in der Sauce zu würzen. Es ist superfein! Das Essen in China ist an sich ein Erlebnis…
Panda Breeding Center
Der Grund, warum wir nach Chengdu gekommen sind, ist der Panda. Das Nationaltier von China ist in der Nähe von Chengdu zuhause: im riesigen Panda Breeding Center besuchen wir die herzigen Bären. Wir fahren früh morgens hin: Die Tiere sind nämlich nacht- und dämmerungsaktiv und schlafen den Rest des Tages. Wir sehen die Tiere, wie sie in kleinen Gruppen am Essen sind. Es sind Fressmaschinen. Bis zu 16 Stunden am Tag sind die Tiere am Bambus verschlingen. Da die Pflanze nicht besonders nahrhaft ist, müssen sehr grosse Mengen verschlungen werden. Und so schauen wir den Bären bei ihrer Mahlzeit zu. Ziel des Breeding Centers ist es, den Fortbestand der Art zu sichern. Die Tiere wurden in freier Wildbahn nämlich praktisch ausgerottet. Wir haben die Chance ein frisch geborenes Panda-Baby sehen – es ist etwa nur 10 Zentimeter lang und noch ohne Fell. Anschliessend schauen wir den Kinder-Pandas beim Spielen zu, den Erwachsenen-Pandas beim Essen und Schlafen und können am Schluss die roten Pandas besuchen. Diese sind viel kleiner und rot (logisch). Gegen 10 Uhr kommt wieder der unaufhaltsame, unausweichliche, alles überrennende Strom von chinesischen Tourgruppen mit ihren Fähnchen. Die meisten Pandas bekommen dies nicht mehr mit – die sind mittlerweile bereits im Tiefschlaf…
Buddhas in Leshan
Wir wollten eigentlich auf eigene Faust nach Leshan fahren – kurzfristig mussten wir aber ein Carsharing im Hostel organisieren, da alle Züge ausgebucht waren. Wie gesagt: Spontanität in China ist ziemlich schwierig, da alles so kompliziert zu organisieren ist. In Lehsan, etwas 2.5 Fahrstunden südlich von Chengdu, steht der grösste, aus Stein geschlagener Buddha der Welt. Er wurde erschaffen, um die zahlreichen Schifffahrer im Fluss zu beschützen. Er ist riesig: Schon nur sein grosser Zeh ist 8 Meter lang. Eindrücklich, was vor über 1200 Jahren möglich war. Wir sehen uns den Buddha von oben genauer an und stehen in die Schlange, um zum Fuss des Buddhas zu kommen. Wir haben “Glück”, nach etwas Gedränge und Geschubse sind wir nach 30 Minuten schon unten. WIr haben Stories gehört, dass es bis zu zwei Stunden dauern kann. Wir machen ein paar Fotos von unten und werden immer wieder auch für Fotos mit den Chinesischen Touristen gefragt. Nachdem wir wieder oben angekommen sind, besuchen wir noch den nahen “Buddha Oriental Park” – eine Art “Themenpark” mit ganz vielen Buddhas. Der Park ist im Gegensatz zum Riesenbuddha neu und erst kürzlich geschaffen. Wie alles in China, ist er natürlich riesengross und massiv. Eindrücklich ist die Höhle mit unzähligen, riesengrossen Buddha-Figuren. Werden dies die Menschen in 1200 Jahren anschauen gehen? Nach über 3 Stunden im Park mit vielen Treppen auf und ab, fahren wir zurück. Eigentlich wollen wir noch einen Schweizer mitnehmen, welcher wir unterwegs im Park aufgelesen haben – die Amerikanerin, welche mit uns unterwegs ist, kannte ihn bereits. Aber wie gesagt: in China ist alles anders und komplizierter – er darf nicht mit uns mitfahren. Nach 3 Stunden im eisgekühlten Auto kommen wir dann wieder in Chengdu an…
Chengdu City
Wir haben noch einen Tag für die Stadt übrig und schauen uns einige Sehenswürdigkeiten an: Wir fahren zur Wenshu Monastery, ein buddhistisches Kloster mitten in der Stadt. Es ist Sonntagvormittag und die Menschen sind am Beten, Geld spenden und Räucherstäbchen anzünden. Wir schauen etwas dem Treiben zu, laufen einmal im schönen Park eine Runde und stossen auf singende, buddhistische Nonnen. Mit der U-Bahn geht’s dann ins tibetische Quartier, wo die Polizei- und Kamerapräsenz wieder enorm ist. Wir sind nicht weit weg vom Tibet, viele Tibeter leben in der Stadt – eine weitere Minderheit, welche gnadenlos unterdrückt wird. Etwas weiter ist wieder heile Welt: in der Jingli-Strasse drängen sich die einheimischen Touristen an Food- und Souvenir Ständen vorbei. Wir verzichten auf den Besuch des nahen Tempels und fahren zurück ins Zentrum und zum Tianfu Square. Vom Starbucks (ein Ort der Ruhe in China) können wir auf die riesige Mao-Statue auf der anderen Seite des gigantischen Platzes sehen. Ob er wohl schon immer auf einen amerikanisches Kaffeehaus herunterblicken wollte? Wir laufen weiter zum Peoples Park. People hat es wirklich – die Einwohner verbringen ihren Sonntag Nachmittag mit Tee trinken, tanzen, singen, Musik spielen, Karten spielen und Boot fahren auf dem kleinen See. Es hat so viele Boote, dass es einen regelrechten Stau gibt. Wir drehen eine Runde zu Fuss, machen “People watching im people park” und geniessen den Rest des Tages in der Ruhe unseres Hostels. Manchmal brauchen wir einfach eine Pause vom extrem geschäftigen und überfüllten China.
Hotel: Xishu Garden Inn
Longji Reisterrassen
Nach einem weiteren Tag im Schnellzug (Chengdu – Guilin, 7 Stunden) und einer Nacht in der Grossstadt Guilin fahren wir wieder aufs Land – in die Longji Reisterrassen. Nach 3 Stunden im Bus kommen wir in Dazhai an – ein kleines Dörfchen am Fuss der Terrassen, wo wir übernachten werden. Die meisten Touristen kommen nur für einen Tagesausflug in die Region – wir bleiben zwei Nächte, so können wir etwas Ruhe von all den Grossstädten geniessen.
Golden Buddah Peak
Noch am Nachmittag laufen wir zum “Golden Buddha Peak” hoch. Auf hunderten Terrassen wird am Berg Reis angebaut. Wir sind in der Regenzeit unterwegs, daher sind alle Terrassen mit Wasser gefüllt und spiegeln schön. Maschinen sehen wir keine – die Einwohner aus den Dörfern arbeiten mit Haken und von Hand, barfuss im knöchelhohen Wasser. Die Bewässerung ist genial – überall sind kleine Kanäle “eingebaut”, welche das Wasser verteilen. Die Aussicht vom Peak wird etwas von den vielen Touristen gestört, welche mit der Seilbahn hier hoch kommen und sich in den traditionellen Trachten verkleiden, um ein Foto zu schiessen. Interessant auch, dass diese Trachten gar nichts mit der Region zu tun haben? Der Hostelbesitzer sagt uns, dass chinesische Touristen nicht gerne laufen – sie wollen möglichst alles benutzen, was “entwickelt” und “modern” ist (Seilbahnen, Strassen, Lifte, etc.). Das deckt sich mit unseren bisherigen Erfahrungen…
Wanderung Pigan – Dazhai
Wir wollen das Gegenteil und das möglichst ursprüngliche und unentwickelte China sehen. Wir lassen uns am nächsten Morgen ins Nachbardorf Pigan fahren und wollen von dort aus in den Reisterrassen zurück laufen (15km). Wir machen Halt bei Aussichtspunkten mit den Namen wie “Seven Stars and the moon” oder “Nine dragon and five tigers” und laufen mitten durch die Reisterassen. Nach einem Abschnitt auf einer Strasse und im Wald kommen wir in ein kleines Dorf, wo die Menschen uns grüssen und anlächeln, ohne etwas verkaufen zu wollen (etwas neues in China). Wir machen Mittag an einem Bach und laufen weiter durch den Wald, bis wir wieder auf die Reisterrassen stossen. Séverine rutscht auf dem nassen Weg wie im Film aus und rutscht vom Weg ab – Aaron kann sie nur mit Mühe wieder hochziehen – zum Glück ist ausser blauen Flecken nichts Schlimmeres passiert, es ging nämlich ziemlich runter dort! Etwa 100 Meter weiter wartet dann eine Schlange am Wegesrand auf uns. Die war richtig gross – mindestens 1.5 Meter lang. Zum Glück hat sie sich sofort aus dem Staub gemacht. Die nächste Schlange 50 Meter weiter rührte sich dann aber keinen Millimeter von der Stelle, als wir daneben durchlaufen. Von all der Aufregung sitzen wir ins nächste Restaurant und versuchen die Aussicht auf die Terrassen doch noch etwas zu geniessen. Nach einem kleinen Umweg zum Viewpoint “Music from the paradise” mit den besten Blicken über das Tal, gehts alles wieder runter zu unserem Hostel. Nach etwas mehr als 6 Stunden kommen wir ziemlich erschöpft an. Als wir dann etwas dösen, zeigt Aaron auf das gemalte Bild von Kakteen üb“Da ist sogar eine Spinne auf dem Bild an der Wand über uns gemalt”. Problem nur: die mehrere zentimeter grosse Spinne war nicht gemalt – sondern in 3D und echt…
Hotel und Restaurant: Lost in Beauty Guest House
Yangshuo
Mit dem Kleinbus fahren wir als Nächstes nach Yangshuo, einem für chinesische Verhältnisse Dorf (300’000 Einwohner) mitten in den Karstbergen am breiten Li Fluss. Auf allen Seiten ragen sie auf – die steilen Berge. Zum laufen gibt es hier nur zwei Arten: entweder völlig flach oder senkrecht nach oben. Kein Wunder ist dies ein Paradies für Kletterer. Wir kommen in der Stadt an und schauen uns erstmal um – es ist unglaublich heiss mit 34 Grad, zum Glück liegt die Luftfeuchtigkeit gleichzeitig bei etwa 90%. Eigentlich wird abgeraten, im Sommer hierher zu kommen – aber wenn wir schon mal da sind…
Liu San Jie Impression Light Show
Wir schauen uns am Abend die Lichtshow der Stadt an: Einige beleuchtete Karstberge und der Li River bilden die schöne Kulisse und die Bühne. Die Show ist eine grosse Nummer: Bis zu 600 lokale Einwohner sind beteiligt, unter anderem Fischer und Bauern. Sie stellen riesige Bilder vor den Bergen dar. So fahren zum Beispiel hunderte Fischer gleichzeitig mit ihrem Floos mit einer Fackel über den Fluss oder hangeln sich an Planen entlang. Die Show wurde 2004 von Zhang Yi Mou, bekannt für die Choreographie der Eröffnungsfeier der Olympische Spiele 2008 in Peking, zum Leben erweckt. Seither wird das Spektakel jeden Abend aufgeführt.
Interessant nebst der Show ist für uns auch das Verhalten von einem Teil der rund 3’000 chinesischen Zuschauer: Während der Show wird geschrien, telefoniert, geredet und weit vor dem Ende der Show aufgestanden und gegangen. Was für uns völlig respektlos scheint, scheint normal zu sein. Und wenn wir schon dabei sind, gewisse Verhaltensunterschiede sind uns schon die ganze Reise in China aufgefallen. Wir haben dies vor allem bei Älteren Chinesen beobachtet. Es wird lautstark auf den Boden gespuckt, laut gnossen, extrem laut Videos oder Games im Zug angeschaut, mit dem Finger auf uns gezeigt oder die WC-Türe während dem “Geschäft” sperrangelweit offen gelassen. Und der totale Modetrend: Bauchfreies T-Shirt bei älteren Herren – so, dass wir immer schön den “Ranzen” sehen können. Wir haben dies wie alles im Land, “im chinesischen Kontext” versucht anzusehen – dies passt aber so nicht in unsere Kultur, dass wir uns wohl nie daran gewöhnen würden. Auf der anderen Seite müssen wir sagen, dass gerade bei jungen Chinesen kein Unterschied bei den “Benimmregeln” zu uns auszumachen ist. Wir vermuten, dass sich dies – wie alles Andere im Land – in der letzten Zeit rasch und massiv gewandelt hat. Mittlerweile ist das Smartphone bei vielen Chinesen richtiggehend an die Hand angewachsen. Wir haben noch nie ein Land gesehen, in dem das Smartphone eine dermassen zentrale Rolle im Leben einnimmt – bei Jung und Alt.
Xingping
Am nächsten Morgen machen wir uns auf, um mit dem öffentlichen Bus ins Nachbardorf Xingping zu fahren. Wir haben ziemlich Mühe den Busbahnhof in Yangshuo zu finden, laufen in der Hitze direkt vor dem richtigen Busbahnhof vorbei zum falschen Busbahnhof. Warum dass es überhaupt immer mehrere Busbahnhöfe gibt, welche natürlich alle ausserhalb des Zentrums liegen und nicht signalisiert sind, haben wir bis jetzt nicht verstanden. Wir wollten eigentlich früh in Xingping ankommen, um die Mittagshitze zu vermeiden – kommen dann aber erst gegen 11 Uhr an. Wir wollen einen dieser Karstberge besteigen: den Laozhai Berg. Es geht praktisch senkrecht 200 Meter nach oben – am Schluss sogar über eine steile Leiter. Von einem kleinen Aussichtspavillon sehen wir auf das “Dorf” (Stadt), den breiten Li-Fluss und die Karstberge. Das Wetter macht uns ziemlich fertig – es ist so heiss-feucht wie noch nie auf der ganzen Reise. Wir steigen wieder ab, erholen uns etwas und wollen dem Li Fluss entlang laufen. Die Aussicht von diesem Abschnitt ist auf der Rückseite der 20 Yuan Banknote abgebildet. Darauf sieht es aber viel idyllischer aus, als es tatsächlich ist. Satt dem einsamen Fischer auf dem Holzfloss hat es unzählige Motorboote, laute chinesische Tourgruppen auf Golf-Wägelchen und Häuser auf allen Seiten des Flusses. Wir hatten etwas mehr erwartet und fahren zurück nach Yangshuo – immerhin wissen wir wo unser Hostel ist…
Velofahren am Yulong River
Wir mieten uns ein Mountainbike und fahren aus der Stadt, nach 10 Minuten sind wir bereits auf einer kleinen Strasse ohne viel Verkehr mitten in den Karstbergen. Wir wollen heute die Yulong River Region besuchen. Wir fahren durch kleine Dörfer dem Fluss entlang bis wir zu einer grossen Brücke kommen. Hier nehmen viele Touris ein Bambus-Boot und lassen sich den Fluss ab treiben. Wir fahren über die Brücke und durch weitere Dörfer – rundherum immer die Karstberge. Die Menschen leben ohne fliessendes Wasser und hohlen sich ihr Wasser an einem der vielen Brunnen im Dorf. Wir sehen immer wieder in die Wohnzimmer – es ist eine andere, viel ärmere Welt als in den Städten Chinas. Wir machen in einem Dorf Mittag und folgen der Strasse, bis diese plötzlich in den Fluss führt. Von einer Brücke, welche auf unserer Karte eingezeichnet ist, ist nichts zu sehen. So müssen wie ein gutes Stück zurück pedalen. Wieder auf der anderen Seite machen wir zur Abkühlung einen Stopp in einem klimatisierten Kaffee. Zum Schluss machen wir noch einen Umweg zum Mondberg – ein Berg mit einem riesigen Felsbogen. Wir verzichten auf den Aufstieg – es ist uns schlicht zu heiss. So fahren wir zurück in die Stadt – am Schluss sind wir 47 Kilometer Velo gefahren und haben wohl 47 Liter geschwitzt.
Weststreet
Das Gebiet um die Weststreet von Yangshuo ist ein Ausgeh- und Vergnügungsviertel der Chinesen. Shops, Bars, Restaurants und Nachtclubs reihen sich hier aneinander. Durch den Tag eine ruhige Touristenstrasse, wie es sie in vielen chinesischen Städten gibt. Auch interessant: Es gibt hier deutsche Brauhäuser, italienische Restaurants und “westliche” Bars. Bei Einbruch der Dunkelheit dreht es völlig: Die Strasse und die Menschen beginnen durchzudrehen. Chinesen mögen es laut, richtig laut: Auf der Hauptstrasse können wir wegen dem chinesischen Techno kaum miteinander sprechen. Nicht alles sieht ganz “sauber” aus. Wir schlafen gleich um die Ecke, nach drei Nächte sind wir echt froh die Stadt wieder verlassen zu können, dieser Mix aus Disneyland, Möchtegern-Westen und China ist schrecklich.
Hotel: Zen Tea House
Guilin
Wir kommen zwei mal auf unserer Reise in der Stadt Guilin vorbei und verbringen je eine Nacht hier. Die Stadt hat viele Flüsse und Seen, besonders schön ist die beleuchtete “Sun and Moon” Pagode am Abend. Ansonsten haben wir hier nicht viel gemacht – es gibt auch nicht viel zu sehen ausser eine super Bäckerei wo wir natürlich auch gleich zweimal hin gehen =)
Hotel: Riverside Inn Guilin
Von Guilin fahren wir ein letztes Mal mit dem Schnellzug. Ein letztes Mal ziehen tausende Hochhaussiedlungen an uns vorbei, während die Chinesen in ihre Smartphone schreien. Mit einmal Umsteigen in Guangzhou kommen wir genau an diesem Tag wieder in Hong Kong an, als die gewaltsamen Proteste gegen China wieder aufflammen. Davon bekommen wir aber nichts mit – genauso wenig wie wohl die meisten Chinesen. Wir sind froh, die lärmigen und lauten Städte Chinas und dessen Bewohner hinter uns zu lassen. Es war interessant und spannend, teilweise verstörend und mühsam. China ist ein eigener Kontinent. Die unglaublichen Dimensionen und diese unglaubliche Masse an Chinesen sind wohl das Eindrücklichste, was wir mitnehmen. Wir haben viele Regionen besucht, jedoch nur einen Bruchteil des Landes gesehen. Praktisch alles war uns fremd, vieles blieb uns fremd. Und auch wir sind den Chinesen fremd – teilweise wurden wir wie Aliens angeschaut. Und trotzdem: Es war extrem spannend einen Teil dieses Kontinents einmal mit eigenen Augen gesehen zu haben.
Und um noch die letzte Frage vieler zu beantworten: Nein, wir haben keinen Hund gegessen und haben auch nirgends Hund auf der Speisekarte gesehen. Nur noch einzelne Ortschaften im süden China sollen dies noch auf Speisekarten haben, wobei mehr als 70% der Chinesen dies heut zu Tagen ablehnen. Wie bei uns wurde über die Jahren der Hund zu einem treuen Begleiter – damit wir mit diesem Vorurteil auch aufgeräumt haben!
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