Aserbaidschan
Wir wollen nicht direkt von Asien nach Hause. Wir hatten verschiedene Ideen, welche Region wir noch besuchen wollten. Einige schieden aus: Japan (zu teuer), Iran (Visa zu mühsam), Nepal (Regenzeit), Kirgistan (zu unsicher). So sind wir auf Georgien gekommen: gute Infrastruktur, viele Berge, günstig. Perfekt, um nochmals wandern zu gehen. Und warum nicht noch gleich die beiden Nachbarländer Aserbaidschan und Armenien besuchen?
Der günstigste Flug in den Kaukasus ist nach Baku in Aserbaidschan – also beginnen wir doch dort. Wir fliegen über Dubai nach Baku. Wohl der mühsamste Flug der ganzen Reise. Abflug und Ankunft sind mitten in der Nacht, es ist unglaublich kalt im Flugzeug, über Indien gibt es mehr als eine Stunde starke Turbulenzen und als wir endlich einschlafen, werden wir fürs Frühstück geweckt. Irgendwann kommen wir ziemlich gerädert an, wir wollen nur noch schlafen. Wir verschieben unsere Sightseeing auf den nächsten Tag und schlafen aus.
Inhalt
Baku
Am nächsten Tag haben wir wieder Energie und beginnen mit unserer Kaukasus Reise. Viel wissen wir nicht über die Region, Baku kennen wir nur vom Eurovision Song Contest, worauf sie übrigens bis heute sehr stolz sind. Wir wollen herausfinden, was das Land sonst noch zu bieten hat. Aserbaidschan ist weder Europa noch Asien. Baku hat eine sehr lange Geschichte und liegt mitten an der Seidenstrasse. Die Öl- und Gasindustrie ist im Vordergrund und die Stadt wurde mit dem hohen Ölpreis sehr reich. Ein Liter Benzin kostet hier 50 Rappen. Die Stadt ist “herausgeputzt” und modern. Trotzdem ist es viel “Schein”, hinter den schönen Fassaden verbirgt sich eine quasi Diktatur, viel Korruption und um die Meinungs- und Pressefreiheit steht es sehr schlecht. Interessanterweise ist das Internet im Gegensatz zu China aber frei und ungefiltert verfügbar.
Free walking Tour
Aufgrund der vielen Empfehlungen entschieden wir wieder einmal für eine Free Walking Tour. Zu dritt mit dem Guide erkunden wir die wichtigste Orte der Altstadt und Umgebung, so kriegen wir die wichtigsten Informationen zur Geschichte in Kürze mit. Wir erfahren, dass 1901 die erste Frauenschule für muslimische Mädchen eröffnet hat. Es erstaunt uns nicht, dass dies ausgerechnet in Aserbaidschan war. Das Land ist bis heute eines der liberalsten muslimischen Länder, die Russen haben einen starken Einfluss hinterlassen.
Altstadt
Die Altstadt von Baku ist aus dem 10 Jahrhundert und für unseren Geschmack ziemlich übertrieben renoviert worden. Die Häuser wirken, als wären sie letztes Jahr gebaut worden. Bis Anfangs des 20 Jahrhunderts gab es nur diesen Teil der Stadt. Die riesige Stadt rundherum wurde erst mit dem Ölboom gebaut. Das Beste ist, einfach planlos durch die engen Gassen der Altstadt zu laufen. Nur einzelne Gebäude sind UNESCO geschützt, so wie der Palast der Shirvanshahs, dem früheren Herrscher der Region. Wir schauen uns sein Mausoleum und die interessante Architektur an. Das andere berühmte Gebäude – den Jungfrauenturm – lassen wir aus und geniessen lieber die Aussicht ausserhalb der Altstadt…
Modernes Baku
Entlang des kaspischen Meeres wurde ein breiter Boulevard gebaut. Wir laufen dem sehr breiten Gehweg bis zum Teppichmuseum (in Form eines riesigen Teppichs) entlang. Mangels Interesse an staubigen Teppichen fahren wir mit dem Seil Bähnchen vis-à-vis zu den Flame Towers rauf. Diese drei Türme in Form von Flammen sind das Markenzeichen der Stadt. Von der Aussichtsterrasse haben wir eine wunderschöne Aussicht auf die Stadt und das Meer und die vielen, riesigen Bauten des modernen Baku sind gut zu sehen. So zum Beispiel die “Crystal Hall” auf dem Meer. Dort wurde der Eurovision Song Contest durchgeführt und die Halle steht heute grösstenteils leer (Baupreis 350 Millionen). Oder der riesige Sockel, wo früher die grösste Flagge der Welt stand. Das war aber eine schlechte Idee, der Wind ist einfach zu stark in Baku. Die Flagge wurde abgebaut und Fotografieren des Sockels wurde kurzerhand verboten. Auf der anderen Seite der Stadt steht das Heydar Aliyev Zentrum, wo verschiedene pro-aserbaidschanische Ausstellungen zu finden sind. Wir schauen uns das spektakuläre Gebäude nur von aussen an. Uns gefällt die Fotoausstellung des Fotografen Reza auf den Treppen vor dem Museum. Er erzählt Geschichten von Menschen aus aller Welt.
Qobustan-Nationalpark
Ein Tag nutzten wir um die Nahe gelegene Orte der Stadt zu erkunden. So fahren wir mit einer Tour nach Gobustan, bekannt für die bis zu 20’000 Jahr alten Felszeichnungen aus der Steinzeit, die erst in den 1930er Jahre entdeckt wurden. Die Zeichnungen sind erst im Zusammenhang mit den Informationen im Museum spannend. Spektakulär ist die Aussicht über die Wüstenlandschaft, nur wenige Kilometer der Metropole entfernt. Dahinter erstrecken sich die Ölbohrtürme im Meer, an Land liegen die Öl Verarbeitungsanlagen und Pipelines. Wir fahren weiter zu den Schlammvulkanen in der Nähe. In Aserbaidschan befinden sich etwa 300 Schlammvulkane und somit ein Drittel der ganzen Welt. Als wir ankommen, sind wir etwas erstaunt: auf den Bildern sehen die Vulkane richtig gross aus, in Realität sind sie nur einige Meter hoch. Sie stossen ununterbrochen Schlamm aus. Manchmal wird auch Feuer und Gas ausgestossen, dann wirds richtig gefährlich. Heute bleibts beim kalten Schlamm, welcher dann von den Einheimischen auch in Pet Flaschen abgefüllt wird – es wird ihm nämlich eine gesunde Wirkung für die Haut nachgesagt.
Atshagh Feuertempel und Yanar Dag
Aserbaidschan bedeutet wörtlich “das Land des Feuers”. Wir besuchen den Atshagh Feuertempel in der Nähe von Baku. Um ein mittlerweile erloschenes, natürliches Feuer wurde von hinduistischen Handelsleuten aus Indien ein Tempel gebaut wurde. Der Tempel hat auch Einflüsse der Religion Zoroastrismus, bei welcher Feuer als heilig gilt. Wir lernen viel, denn wir haben noch nie von all diesen Dingen gehört – spannend! Neben den kleineren natürlichen Feuern, gab es früher ganze brennende Berge. Diese wurden von den natürlich vorkommenden Gasvorkommen gespeist. Einer davon ist der Yanar Dag, welche wir besuchen. Früher hat der ganze Berg gebrannt und er wurde sogar als Leuchtturm für die Schifffahrt verwendet, heute sind nur noch einige Meter in Flammen. Trotzdem: Es ist eindrücklich, vor allem wenn wir denken, dass diese Flammen schon seit zehntausenden von Jahren vor sich hin lodern.
Die Bergdörfer bei Quba
Jek-Giriz
Auf in den Kaukasus! Wir freuen uns, endlich wieder in die Berge gehen zu können. Wir machen bei einem Wandertag der Facebook-Gruppe “Camping Aserbaidschan” mit, welche versucht Einheimische und Ausländer zusammenzubringen. Neben einigen Expats und weiteren Touristen sitzen viele Einheimische in unserem Bus. Wir fahren in den Norden, in der Stadt Quba vorbei in die Berge – nach Jek. Leider ist schlechtes Wetter: aus Nebel gibts nichts zu sehen. Trotzdem: es tut gut, in der frischen Luft zu sein und der Duft der Kuhfladen erinnert uns doch etwas an die Schweiz. Wir laufen im Nebel los, es geht steil runter in einen Canyon, dessen Felswände wir nur erahnen können. Wir müssen einen kleinen Fluss queren, bevors wieder steil rauf geht. Ziel der Wanderung ist Giriz – ein kleines Bergdorf mit traditionellen Häusern. Wir bekommen hier ein traditionelles Mittagessen (Fleisch mit Fleisch) – fein! Am Nachmittag besuchen wir dann noch die lokalen Wasserfälle und tatsächlich: die Sonne zeigt sich für 10 Minuten, der Nebel lichtet sich und wir haben etwas Aussicht. Nach dem Abendessen (es ist eher ein Ess-Tag statt Wandertag), beginnt der Spass: Wir werden mit alten, sowjetischen Geländefahrzeugen ins Tal gebracht. Über riesige Steine, steile Abhänge und haarsträubende Kurven gehts in hohen Tempo zurück. Beim Überholmanöver rammen wir beinahe eine Kuh. Séverine hat Angst, Aaron viel Spass .
Wir lassen uns in Quba absetzen, während die Gruppe zurück nach Baku fährt. Unser Gasthaus ist leider falsch in der Karte eingezeichnet und so irren wir etwas durch die dunklen Strassen. Glücklicherweise sind die Aserbaidschaner sehr hilfsbereit und wir werden mit einer uralten Camionette zur richtigen Adresse gebracht. Die Kommunikation ist für uns etwas schwierig: Die Sprache ist eine Art türkisch – wir verstehen kein Wort. Immerhin wird grösstenteils das gleiche Alphabet verwendet. Viele Aserbaidschaner sprechen auch Russisch, was uns aber auch nicht viel hilft. Nur ein kleiner Teil spricht Englisch. Mit einigen Brocken Russisch und Händen und Füssen schlagen wir uns in die Herberge durch. Dort wird uns mitgeteilt, dass trotz Reservation alle Zimmer schon voll seien und wir sonst auf der Couch übernachten können. Irgendwie bekommen wir dann später doch noch ein Zimmer und die Familie ist sehr freundlich.
Xinaliq
Wir lassen uns am nächsten Morgen vom Vater der Familie des Gasthauses in die Berge fahren. Jetzt zeigt sich die Region von seiner schönsten Seite: Unter blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein fahren wir die spektakuläre Strasse über zwei Pässe nach Xinaliq. Es befindet sich auf 2100 Meter Höhe und ist das höchstgelegene und abgelegenste Dorf von Aserbaidschan. Es gehört zu den ältesten, durchwegs bewohnten Siedlungen der Erde und zählt heute 2’000 Einwohner, die ihre ganz eigene Sprache sprechen. Erst seit 2008 ist die Strasse ins Dorf asphaltiert, im Winter ist es oft von der Aussenwelt abgeschnitten. Wir wandern auf einen kleinen Gipfel neben dem Dorf, wo wir eine schöne Sicht auf das Dorf und die umliegenden Berge und Täler haben. Längere Wanderungen sind leider nicht möglich, da wir uns in der Nähe der russischen Grenze befinden und ein Guide und Bewilligung nötig sind. Wieder im Dorf zurück, kommen wir an einer Hochzeit vorbei (es ist Sonntag). Das Dorf ist reich an uralten Bräuchen und Ritualen. Als wir dann die Moschee des Dorfes ansehen wollen, werden wir von Einheimischen zum Tee eingeladen. Die drei Männer sind zwar auch nur auf Besuch hier, wir bekommen aber etwas der oft besagten aserbaidschanischen Gastfreundschaft mit. Noch am Nachmittag fahren wir zurück nach Quba und steigen dort auf die Marschrutka nach Baku. Das ist russisch und bedeutet so ungefähr Sammeltaxi oder Sammelbus. Sobald der Bus voll ist, fährt er los und dann Vollgas zum Ziel.
Guesthouse: Elvin Guesthouse Quba
Zurück in Baku
Das Land soll zwar noch weitere sehenswerte Städte zu besichtigen haben, aber wir brauchen unsere letzten beiden Tage in Baku zum weiter planen, entspannen und feieren. Wir sind nähmlich jetzt genau ein Jahr unterwegs – am 5.8.2018 sind wir abgeflogen. Cheers!
Mit null Erwartungen sind wir nach Aserbaidschan gekommen und gehen mit vielen neuen Eindrücken aus dieser für uns neuen Region. Es hat unsere Neugier auf die umliegende Ländern wie Iran, Turkmenistan oder Usbekistan geweckt, was wir nun für eine mögliche andere Reise im Hinterkopf behalten. Weiter geht es für uns mit dem Nachtzug nach Tiflis, die Hauptstadt Georgiens.
Hostel: Sahil Hostel
Restaurant: Dolma (traditionelles Essen)
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