Georgien
Mit dem Nachtzug aus Baku kommen wir in Tiflis an. Ein Land, welches wir schon länger mal besuchen wollten. Mindestens drei Wochen wollen wir bleiben. Visa-technisch ist das absolut kein Problem: wir dürften bis zu einem Jahr im Lande bleiben. Wir werden die Hauptstadt Tiflis als unsere “Basis” machen und von dort Ausflüge machen und dann zwei Wochen am Stück durchs Land reisen, um am Schluss zurück nach Tiflis zu kommen. So können wir einmal mehr den grossen Rucksack ruhen lassen und sind nur mit kleinem Gepäck unterwegs..
Inhalt
Tiflis
Der erste Gedanke, als wir ankommen: Willkommen zurück in Europa! Die Stadt wurde (und wird) zwar von vielen verschiedenen Einflüssen geprägt, ist jedoch klar christlich und pro-europäisch eingestellt. Der erste Eindruck erinnert uns dann auch eher an eine osteuropäische Grossstadt. Eigentlich haben wir im Nachtzug gut geschlafen – wir haben uns ein 1. Klasse Zweierabteil gegönnt (Kostenpunkt 60.- für 12 Stunden für 2 Personen), trotzdem sind wir etwas müde, denn der Grenzübergang war um fünf Uhr morgens und hat sich wieder einmal in die Länge gezogen.
Free Walking Tour und Altstadt
Um uns einen ersten Eindruck zu verschaffen und eine Einführung in die Geschichte zu bekommen, schliessen wir uns der Free Walking Gruppe an (mal wieder). Diese bringt uns durch die Altstadt und zum Bäderviertel, wo die Sulfutbäder stehen welcher der Stadt ihren Namen gegeben haben. Wir erfahren, dass die Stadt 26 Mal von verschiedenen Invasoren (Perser, Türken, Mongolen, Russen) zerstört und wiederaufgebaut wurde. Das heutige Tiflis hat neben der mittelalterlichen Altstadt starke Einflüsse aus der Sowjetzeit. Generell macht der nagende Verfall aber den Charme der Stadt aus: Halb verfallene Gebäude werden nur durch schwere Eisenstützen aufrecht erhalten. Und überall gibt es versteckte Durch- und Aufgänge, meistens durch Efeu oder Weinreben überwuchert. Einige Strassen sind nicht einmal asphaltiert. Wenn dann einmal restauriert wird, müssen strikte Vorgaben der Stadtverwaltung eingehalten werden – Bürokratie pur. Ein Teil der Stadt wurde bereits aufwendig restauriert – meist geht dann der ganze Charme verloren, für die Bewohner steigt aber sicher die Lebensqualität, wenn sie den Mietpreis überhaupt noch bezahlen können. Wir fragen uns, ob die Stadt in einigen Jahren nicht komplett anders aussehen wird…
Spaziergang von Mtatsminda zur Narikala-Festung
Ausgeschlafen fahren wir mit der Standseilbahn zum höchsten Punkt der Stadt – Mtatsminda. Wir geniessen die Aussicht, den riesigen Luna-Park lassen wir aber aus und machen uns stattdessen auf den Weg durch das Gestrüpp in Richtung Narikala Festung. Hoch über der Stadt laufen wir eine Stunde vor allem über Treppen bis wir zur “Mutter von Georgien” kommen. Eine riesige Frauenstatue mit einem Weinkelch in der Hand aus der Sowjetzeit. Vor allem die Aussicht auf die Stadt mit ihren vielen Kirchen ist hier super – kein Wunder kommen täglich tausende Touris mit der Gondelbahn rauf. Etwas weiter besuchen wir die Narikala-Festung, ein Überbleibsel aus dem Mittelalter. Die Burg wurde x Mal zerstört, das letzte Mal bei einer Schiesspulver-Explosion der Russen. Wir klettern etwas auf den Ruinen herum bevor wir uns wieder auf den Weg in die Stadt runter machen. Dort machen wir gleich Halt im “144 Stais Cafe”, wo wir bei schöner Aussicht das nächste Glas georgischen Wein trinken.
Neustadt und Rustaveli Avenue
In der Altstadt tummeln sich vor allem Touristen, an der Rustaveli Avenue sind es vor allem Georgier. Die wichtigste Strasse aus der Sowjetzeit ist heute vor allem Einkaufs- und Restaurantstrasse. Wir besuchen das Nationalmuseum, welche neben dem “Schatz” (viel Goldschmuck aus allen Epochen) eine spannende Ausstellung zur Sowjet Zeit bietet. Der naturhistorische Teil ist hingegen sehr verstaubt, mit all den verstaubten Tierpräparaten in beschlagenen Vitrinen fühlen wir uns wie 50 Jahre zurückversetzt – trotzdem irgendwie lustig.
Chronicles of Georgia
Russland ist in Georgien nicht besonders beliebt und das Verhältnis zum grossen Nachbarn ist alles andere als gut. Überall hängen hingegen EU Flaggen – wohl mehr als in manchem EU Land. Es gibt im Zentrum von Tiflis sogar ein Europaplatz, ausschliesslich mit EU Flaggen. Georgien ist aber weder in der EU noch Beitrittskandidat. Es zeigt aber die Ausrichtung des Landes – neben Israel soll die EU der wichtigste Verbündete sein. Daher wird alles russische oft abgelehnt, wie zum Beispiel das riesige Monument von Zurab Tsereteli mit dem Namen “Chronicles of Georgia” in einem Vorort in Tiflis. Der georgisch-russische Künstler hat viele Denkmäler und Botschaften für die Sowjetunion gestaltet. Wohl aus diesem Grund wurde das 35 Meter hohe Monument nach dem Zerfall des Sowjetunion nie ganz fertiggestellt. Wir besuchen das Riesending mit einem Taxi von der Innenstadt aus (30 GEL retour). Als wir ankommen werden wir zwar gerade richtig “verschifft”, haben aber eine gute Aussicht auf die Vororte von Tiflis mit hunderten halb verfallenen Wohnblöcken aus der Sowjetzeit. Gleich daneben liegt ein künstlicher See, in dem auch gebadet werden kann.
Kloster Davit Gareja
Georgien ist eines der ersten Länder, welche christianisiert wurde. Entsprechend alt sind die Klöster und Kirchen. Heute besuchen wir das Kloster Davit Gareja. Ein Touri-Minibus bringt uns in 2 Stunden hin (10 Franken retour). Auf dem Weg ändert sich die Landschaft dramatisch: Grüne Bäume weichen einer Halbwüste. Mitten in dieser Steppe an der Grenze zu Aserbaidschan liegt das Kloster. Leider gibt es offenbar einen Grenzkonflikt und die schwer bewaffneten Soldaten lassen uns nicht zu den Höhlen mit uralten Wandmalereien laufen. So bleibt uns viel zu viel Zeit, um das relativ kleine, in den Fels gehauene Kloster zu besuchen bis der Bus wieder zurück fährt. Es wurde im 6 Jahrhundert gebaut, hatte seine Blüte im 13. Jahrhundert und wurde immer wieder – so wie offenbar alles in diesem Land – mehrfach von Invasoren zerstört – als Letztes diente es den Sowjets als Truppenübungsplatz. Spannend sind vor allem die Regenrinnen, welche in den Fels geschlagen wurden, um etwas Trinkwasser für die bis zu 6000 dort lebende Mönche zu gewinnen. Heute leben noch zehn Mönche abgeschottet von allem im Kloster. Auf Grund der Sperrung des Wanderwegs sind wir schnell durch und irgendwann kommen wir wieder in Tiflis an, wo wir uns ganz viele ganz feine Kinkalis (siehe Essen) gönnen.
Weinregion Kachetien
Von Tiflis aus machen wir einen Tagesausflugl in die Weinregion von Kachetien im Osten des Landes. Wir schliessen uns einer organisierten Tour an, da die Weingüter weit auseinander liegen. Wir starten gleich um 10 Uhr mit der ersten Weinprobe und Brandy. Leider ist alles ziemlich überlaufen und wir bekommen nicht viel mit von der Tour. Wer nicht genug schnell trinkt, verpasst das nächste Glas. Ja, Wein trinken können die Georgier, aber ihn geniessen scheint ein anderes Thema. Nach dem Trinken: das Essen. Wer möchte kann in einer traditionellen Bäckerei Brot kaufen oder gar selbst backen. Weiter fahren wir nach Signagi, die Stadt der Liebe. So wird es zumindest verkauft, denn nirgends im Lande wird so viel geheiratet wie hier. Einfach den Pass und 51 Lari (zirka 17 Franken) mitbringen, schon kann man sich das Ja-Wort geben. Wir verzichten auf die Hochzeit und schlendern durch die Gassen der Stadt, welche uns an Italien erinneren. Nach der Stadterkundung gehts mit Ernsterem weiter: Wein! Wir besuchen der Weinkeller von Kvareli , dessen Weinkeller im Felsen eingeschlagene Tunnels sind. Insgesamt gibt es mehrere Kilometer lange Tunnels mit Millionen Liter Wein. Ein schöner Keller, aber der Wein überzeugt uns definitiv nicht. Zudem wimmelt es nur so von lauten, russischen Touristen. Nun besuchen wir noch einen der ältesten Weinkeller Georgiens. Hier ist es an diesem Tag endlich ruhig und gemütlich. Wir können die Kellnerei sehen und erfahren viel über die traditionelle Art, Wein herzustellen (siehe Essen). Als Abschluss probieren wir nochmals verschiedene Weine und vergleichen Weine im traditionellen Verfahren und im “europäischen” Verfahren. Letztere schmecken uns dann doch besser und wir kaufen zwei Flaschen. Leider zieht sich der Heimweg nach Tiflis ziemlich, wir sind erst spätabends zurück. Ein langer Tag, an dem wir zwar viel gesehen haben, aber es war ziemlich mühsam mit dieser Tour.
Übernachtung: G-oldtown Hotel
Restaurant: Marto (beste Kinalik), The Pavillon, 141 Stairs Café (super Aussicht).
Kazbegi
Mit der Marschrutka (Minibusse, die abfahren sobald sie voll sind) fahren wir in drei Stunden nach Kazbegi mitten im grossen Kaukasus auf 1700 Meter hoch. Bei allen Fahrern im Kaukasus scheinen irgendwie die Sicherungen durchzubrennen, sobald sie hinter dem Steuer sitzen. Wir sind uns ja einiges gewöhnt auf dieser Reise, aber der Fahrstil hier schlägt alles. Es wird Vollgas auf der Landstrasse überholt, um dann knapp vor einem Frontalcrash wieder einzuspuren. Durch Kuhherden, welche hier öfter auf der Strasse anzutreffen sind, wird mit 80 km/h im Slalom durch geschlängelt. Die Menschen kommen uns hier ruhig und friedlich vor – aber auf der Strasse gilt das Recht des Stärkeren. Und so fahren wir an diesem Tag mit Vollgas die Heeresstrasse nach Kazbegi rauf, einer Route durch die Berge, welche seit tausenden von Jahren benutzt wird. Beruhigt, dass wir heil angekommen sind, geniessen wir die Aussicht: Das Dorf liegt an der russischen Grenze in einem wunderschönen Talkessel, auf allen Seiten ragen die Berge hoch. Am höchsten der Kazbek mit seiner Gletscherkappe auf 5000 Meter.
Gereti Church und Arsha Pass
Früh Morgens brechen wir zu unserer ersten Wanderung auf. Wir steigen zur Gereti Church auf, der wohl meist fotografiertesten Kirche von ganz Georgien. Als wir dort ankommen, liegt die Landschaft noch ziemlich im Nebel und dichte Wolken verdecken die Sicht auf die umliegenden Berge. Wir steigen trotzdem weiter durch den Nebel auf zum Arsha Pass auf 2900 Meter. Von hier aus sollte eigentlich der mächtige Kazbek mit seinen Gletscher sichtbar sein – wir sehen nur Nebel. Wir warten eine Stunde und der Nebel lichtet sich für einige Momente und wir können immerhin den Gletscher ausmachen. Beim Abstieg kommen uns zig Wanderer und Bergsteiger entgegen: der Kazbek ist einer der einfachsten 5’000 der Welt. Wir fragen uns nur, was die alles in ihren riesigen Rucksäcken haben – teilweise sind die Rucksäcke grösser als die Wanderer! Vielleicht ein Überlebenstraining in den Bergen? Immerhin zeigt sich jetzt die Sonne und der blaue Himmel und wir steigen gemütlich wieder zur Kirche ab. Wir machen dort den obligatorischen Touri-Halt, bevor es dann wieder ganz nach unten ins Dorf geht, wo wir auf der Panoramaterrasse anstossen.
Wanderung : 5h20 / 1200hm / 16km
Truso Tal
Den zweiten Tag begrüsst uns mit dem bestem Bergwetter – der Kazbek zeigt sich von seiner schönsten Seite. Schade eigentlich, fahren wir heute in ein anderes Tal: das Truso Tal, etwa 20 Kilometer südlich. Mit dem Sammeltaxi lassen wir uns zum Eingang einer Schlucht bringen, von wo aus wir durch die Schlucht ins weite Tal laufen. Es wird oft als geologisches Wunderwerk beschrieben: wir laufen an diversen Mineralquellen und Schwefel Terrassen vorbei, bis wir fast am Ende des Tales eine Kloster erreichen. Die georgischen Fahnen sind hier zahlreich, wir befinden uns ganz Nahe der Grenze zu Südossetien, einer der beiden abtrünnigen Gebiete Georgies. Die Regierung sieht die Gebiete als von Russland besetzte Gebiete an, Russland anerkennt die Souveränität. Für uns No-Go Zone. Wir laufen den gleichen Weg zurück und geniessen die Sonne so richtig.
Wanderung: 4h 30 / 200hm / 18km
Übernachtung: Kazbegi INN
Essen/Trinken: Vitamin (etwas teuer aber essen relativ gut)
Panorama Terrasse: (Wein trinken mit bester Aussicht!)
Autobus (Kleines kaffee einer anderer Art)
Kutaisi und Umgebung
Wir fahren von Kazbegi über Tiflis nach Kutaisi im Westen des Landes. Das sind insgesamt sieben Stunden in zwei engen Marschrutkas. Das Reisen ist in Georgien nicht ganz so komfortabel wie in Südamerika oder in Asien – aber wir kommen vorwärts und es ist günstig: für sechs Franken pro Person fahren wir durchs halbe Land.
Kutaisi Stadt
Kutaisi ist das Zentrum des Westens und die drittgrösste Stadt des Landes. Da sich in Georgien aber alles in Tiflis konzentriert, wirkt es wie eine Provinzstadt. Klein, grün und gemütlich. Fast ein bisschen wie Bern. Es gibt sogar einen Fluss mit der gleichen Farbe wie die Aare, nur keine Schwimmer. Leider! Wir wären gerne in den Fluss gesprungen, denn wir sind während einer Hitzewelle in der Stadt, es ist bis zu 38 Grad heiss. Die Stadt selber wirkt etwas heruntergekommen, das hat seinen Grund: Zu Sowjet-Zeiten war hier viel Industrie angesiedelt. Als alles zusammenbrach, ist fast die Hälfte der Bevölkerung auf Tiflis abgewandert. Heute hat es viele Touristen, was wohl daran liegt, dass Wizzair, eine Billigfluggesellschaft von Europa die Stadt anfliegt. Wir bleiben drei Nächte, was wohl länger ist als die meisten Touristen. Wir machen einmal mehr an der Freewalking Tour mit, welche uns durch die Altstadt und zur Bagrati Kathedrale bringt. Die Kirche war mal UNESCO-Weltkulturerbe, wurde aber nicht nach den Vorgaben restauriert und daher wurde ihr der Titel aberkannt. Während der Renovation ging das Geld aus und so wurden Materialien von ganz anderen Regionen des Landes verwendet. Ansonsten ist die Stadt ein guter Ort um etwas zu verweilen, Cafe zu trinken und es einfach gemütlich zu nehmen.
Gelati und Motsameta Kloster
Wir sind ja alles andere als religiös – da braucht es schon etwas, dass wir freiwillig eine Kirche besuchen. Wir probieren es wieder mal und lassen uns mit einem Taxi (25 GEL hin und zurück) zum Gelati Kloster etwas ausserhalb der Stadt bringen. Die Aussicht ist schon mal super: WIr sehen über bewaldete Hügel auf die verschneite Kaukasus Kette. Es ist wohl die wichtigste Kirche im Land, viele alte Könige sind hier vergraben und sie wurde vom König erbaut, welcher das Land vereinte und die Basis für das heutige Georgien legte. Sehenswert – selbst für Atheisten – sind die Wandmalereien aus dem dreizehnten Jahrhundert. Neben der grossen sogenannten Grossmutterkirche ist ein kleiner Nachbau mit genauso vielen Wandmalereien sehenswert. Ein paar Kilometer entfernt liegt das Motsameta Kloster. Es ist viel jünger aber hat eine wunderschöne Lage: es liegt mitten im Wald auf einer Landzunge, rundherum fliesst in der Schlucht der Fluss. Wir besuchen das Kloster und treffen auf einige Mönche, die hier leben. Die georgisch orthodoxe Kirche ist sehr konservativ: In der Kirche müssen jeweils die Knie und Kopf bedeckt werden, es gibt jeweils Tücher am Eingang. So läuft Aaron im Rock und Séverine mit Kopftuch rum.
Prometheus Höhle
Wir haben einen weiteren Tag in der Region und es ist weiterhin über 35 Grad heiss. Warum nicht etwas Abkühlung in einer unterirdischen Höhle suchen? Wir bestellen über die lokale Taxi-App ein Taxi zur Prometheus Höhle, einer riesigen Tropfsteinhöhle in der Nähe (50 GEL retour mit Wartezeit, Eintritt 27 GEL). Die Höhle ist über 11 Kilometer lang, besucht werden kann leider nur der erste Kilometer. Sie ist riesig und schön ausgeleuchtet – wirklich ein Besuch wert. Wir durchlaufen riesige Hallen und überqueren einen unterirdischen “Pass”.
Tskaltubo
Auf dem Rückweg von der Höhle stoppen wir in Tskaltubo, einem alten Kurort. Während der Sowjetzeit wurden in der Kleinstadt über 30 Sanatorien gebaut. Stalin und die Parteielite haben ihren Kuraufenthalt darin verbracht. Die meisten der sozialistischen Bauwerke sind mittlerweile verfallen und werden von der Natur zurückerobert. Genau das zieht uns an: Die alten Gebäude haben einen ganz eigenen Charm. In zwei alte Bäder und in ein altes Hotel können wir ohne Probleme reinspazieren und Fotos machen. Die Bausubstanz ist am Bröckeln. Zwei weitere, riesige Kurhäuser sind mittlerweile leider abgesperrt und wir kommen nicht rein. Andere alte Hotels der Stadt wurden in den 90er Jahren als Flüchtlingsunterkünften genutzt. Die aus Abchasien und Südossetien vertriebenen Menschen leben teilweise bis heute in den Gebäuden.
übernachtung: Hotel California
Essen: Café Fleur & Café Tiflis (Nachtessen)
Tea House Foe-Foe (Frühstück)
Mestia
Die Region Svanetien ist das Wanderparadies von Georgien und Mestia ist ihre Hauptstadt. Mit der Marschrutka geht es in 3 Stunden von Kutaisi in den Bergort. Wir quartieren uns für 5 Nächte – so lange wie schon lange nicht mehr an einem Ort – in einem Gästehaus ein. Von hier aus werden wir einige Tagesausflüge unternehmen – wir verzichten auf die viel begangene Mehrtagestour (Mestia – Usghuli), da wir wieder einmal etwas länger an einem Ort bleiben möchten. Mit dabei ist Willy, ein Chilener, den wir im Bus nach Mestia “aufgelesen” haben. Svanetien ist das Land der Steintürme. Jede Familie hatte früher so ein Turm zum Wohnen und zur Verteidigung. Es war für Jahrhunderte eine kriegerische Gegend – oft kämpften die einzelnen Sippen gegeneinander. Vom obersten Stock der Türme konnte auf die Angreifer und / oder Nachbar geschossen werden. Heute sind die Türme vor allem ein Fotomotiv und ein Turm kann sogar für zwei Lari bestiegen werden. Über klapprige Holzleitern geht es aufs Dach. Wir zweifeln etwas, ob die Holzlatten unser Gewicht tragen, kommen aber wieder heil unten an.
Chalaadi Gletscher
Wir könnten ja vom Dorf aus der langweiligen Strasse entlang laufen (6h retour), aber wir wollen nicht gleich übertreiben und wir nehmen uns lieber ein Taxi und machens gemütlich (2h retour). Die Wanderung ist grösstenteils im Wald, bis plötzlich ein Blumenfeld kommt und die Sicht auf den Gletscher freigibt. Der Gletscher ist schön und gleichzeitig gefährlich: immer wieder kommen Steine runter. Wir beobachten den Gletscher lieber mit etwas Abstand. Den Rest vom Tag nehmen wir noch gemütlicher und geniessen einfach das gute georgische Essen…
2h / 6km / 200hm
Wanderung Mazeri nach Mestia
Als wir in Mazeri aus dem Taxi steigen, fallen die ersten Sonnenstrahlen auf den 4700 Meter hohen Ushba mit seinen beiden senkrechten Gipfel. Wir steigen vorbei an verfallenen Ruinen und einem verlassenen Dorf auf. Fast 1500 Höhenmeter machen wir in 3 Stunden, immer den Ushba im Blick als Motivation. Durch hohe Blumenwiesen und im Zickzack steigen wir auf, bis wir irgendwann den Gulli Pass auf 2950 Meter erreichen. Die Aussicht ist spektakulär, wir sehen zig 4000er und deren Gletscher in allen Richtungen. Von hier gehts wieder bergab zum kritischsten Stück. Um einige Bäche zu queren müssen wir etwas klettern und der Weg wird ziemlich rutschig über einem steilen Abhang. Wir kommen aber heil an und laufen weiter zum Mestia Kreuz. Es steht hoch über dem Dorf. Von dort beginnt der mühsame und steile Abstieg durch den Wald, wir spüren dies vor allem in den Knien. Nach über 7 Stunden laufen und 9 Stunden unterwegs kommen wir stolz und ziemlich müde in Mestia an. Eine lange aber wunderschöne Wanderung!
7h 20 / 22km / 1500hm
Zuruldi nach Tsvirmi
Nach dem langen Wandertag wollen wir es gemütlich angehen und wollen die Sesselbahn nehmen für den Aufstieg. Sesselbahnen sind aber in Georgien nicht wirklich zuverlässig, so müssen wir von der Mittelstation an doch noch hochlaufen. Aus einem gemütlichen Ruhetag wird eine seriöse Wanderung mit erst einmal 600 Meter steiler Aufstieg über eine Skipiste. Erstmal oben angekommen, geht es über die Zuruldi Ridge zu einer Antennenstation, wo wir eine schöne 360 Grad Aussicht haben. Und dann gehts wieder runter – und wie! Wir müssen uns fest an Baumwurzeln halten, damit wir auf dem rutschigen Sandboden nicht umfallen. Dann kommt aber der schönste Part: Praktisch flach laufen wir über den Grat in Richtung des kleinen Dorfes Tsvirmi. Beim ersten Häuschen fragen wir ob uns die Familie zurückfahren kann. Öv ist nämlich ein Fremdwort hier – in der ganzen Region sind wir auf völlig überteuerte (Taxi)fahrer angewiesen.
4h / 11km / 600hm
Übernachtung: Guesthouse Guram Baba
Essen: Sun-Seti & Panorama Terrasse
Ushguli
45 Kilometer weiter im Tal liegt Ushguli auf 2200 Meter Höhe. Es galt lange Zeit als höchstes bewohntes Dorf von Europa und liegt wirklich abgelegen, die letzten 10 Kilometer der Strasse sind sehr schlecht. Damit wir nicht auf die erste Marschrutka warten müssen, versuchen wir ein Taxi zu nehmen. Nach etwas verhandeln, einmal ein- und wieder aussteigen und einmal davonlaufen, bekommen wir einen akzeptablen Preis (120 GEL). Nach fast zwei Stunden krimineller Fahrweise kommen wir in Ushguli an und wandern gleich los…
Shakara Gletscher
Hoch über Ushguli thront der höchste Berg von Georgien: der 5193 Meter hohe Shkhara. Davor liegt sein Gletscher, der in einer einfachen Tageswanderung von Ushguli erreichbar ist. Wir wandern im flachen Tal rund 8 Kilometer bis zu einem Cafe. Etwas frustrierend: Bis hierhin kann mit dem Jeep gefahren werden, entsprechend sind auch viele Touris unterwegs – mit Flip Flops zum Gletscher. Ab dem Cafe geht die Wanderung aber erst los: Durch Gebüsch gehts es hoch zum Gletscher. Die Sicht ist eindrücklich mit dem riesigen Berg dahinter. Auch hier bleiben wir aus Vorsicht weiter weg vom Gletscher, während sich andere Touris direkt neben ihm aufhalten und den fallende Steinen ausweichen müssen. Ganz lustig oder auch lebensmüde, die Touris die mit letzter Kraft noch versuchen auf den Gletscher zu klettern. Auf dem gleichen Weg geht es zurück ins Dorf, wo wir in einem Gästehaus mit schönem Garten wohnen.
18km / 4h / 500hm
Chubedishi
Wir haben noch nicht genug und einen weiteren Tag in Ushguli. Vom Dorf geht es 800 Höhenmeter steil bergauf zu einem Grat, von wo wir eine Aussicht über die ganze Region haben. Der Himmel ist strahlend blau und die Fernsicht gut – wir können bis nach Kazbegi sehen. Nachdem wir unseren Stein zum Steinmann beigetragen haben, laufen wir einige Kilometer weiter dem Grat entlang. Auf beiden Seiten geht es steil runter, aber die Aussicht ist phänomenal. Eigentlich wollten wir bis zum Chubedishi Gipfel laufen, kehren dann aber wegen dem starken Wind früher um, wir sind immerhin bis auf 3050 Meter rauf gekommen. Zurück müssen wir leider den gleichen, steilen Weg nehmen. Ein wunderschöner Abschluss unserer Woche in Svanetien!
12km / 4.5h / 1000hm
Übernachtung und Essen: Guesthouse Angelina
Weg zurück
Nach sieben Nächten in den Bergen verlassen wir Swanetien wieder. Um zurück nach Tiflis zu kommen, brauchen wir zwei Tage. Mit der Marschrutka geht es zurück nach Mestia, wo wir nach Zugdidi umsteigen. Eigentlich wollten wir in der Kleinstadt eine Nacht verbringen, das reservierte Hotel machte aber einen extrem schlechten Eindruck und wir hatten noch Zeit um weiterzufahren. So sind wir noch mit der Marschrutka nach Kutaisi gefahren und haben dort übernachtet. Die Stadt und ihre feinen Restaurants kannten wir ja schon. Am folgenden Tag erreichen wir dann kurz nach Mittag schliesslich Tiflis, von wo wir wiederum am nächsten Tag nach Armenien fahren. 3 Tage Marschrutka – auch das gehört dazu…
Georgisches Essen und Wein
Essen
Das Essen in Georgien ist so speziell und so gut, da müssen wir einen eigenen Absatz darüber schreiben. Einige Spezialitäten, die auf unserem Teller landeten:
- Khachapuri adjaruli: Hefeteig in Form eines Schiffchen, in der Mitte mit Käse und rohem Ei
- Khinkali: gefüllte Teigtaschen, die Auschliesslich von Hand gegessen werden! Unsere Favoriten, die mit Stock oder in Wein eingelegtes Rind
- Ajapsandali: Kalter Eintopf aus Aubergine, Peperoni, Kartoffeln, Zwiebeln hmm lecker
- Georgische Dip: Lokales Brot mit verschiede Sauce wie Walnuss-Zwiebeln, Karottenpüree, Auberginenpüree, Pikante Tomatenpüree
- Badrijani: Auberginerollen mit Walnusssauce
- Kubdari: mit Rindfleischhack gefülltes Brot, mit Zwiebeln und Korriander. Gericht aus Svanetien. Sehr fein!!!
- Shkmeruli Chicken: Poulet in cremiger Knoblauchsauce
Wein
Georgien gilt als die “Wiege des Weins”. Bereits vor 8’000 Jahren wurden Weintrauben angebaut und bis heute wird der Wein in einem traditionellen Verfahren hergestellt. Dabei werden die vollständigen Trauben mehrere Wochen in im Boden versenkten Tonkrügen – sogenannten Qveries – gelagert. Die Krüge können bis zu tausenden Litern gross sein. Der Wein erhält dadurch einen für uns ungewohnten Geschmack und eine dunklere Farbe. Dieses Verfahren gilt als älteste und ursprünglichste Form der Weinherstellung. Heute wird ein Grossteil der georgischen Weine jedoch im gleichen Verfahren wie in Europa hergestellt. Wein hat eine wichtige Bedeutung im georgischen Alltag, viele Familien haben einen eigenen Hauswein, bei Festen wird literweise getrunken. Prost – Gamardschos!
Chacha
Auch ganz wichtig: Chacha. Ein Weinbrand, der im ganzen Land verbreitet und beliebt ist. Wir probieren auch ein paar Shots. Für uns ist es kaum zu unterscheiden zum Grappa und gut als Digestif geeignet. Achtung: Hausgemachter Chacha hat bis zu 80% Alkoholgehalt.
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